Gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebsmangel, Konzentrationsstörungen, vermindertes Selbstwertgefühl, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsaussichten und im schlimmsten Fall schließlich Suizidgedanken und -handlungen. Das sind laut der Stiftung Gesundheitswissen die Symptome einer Depression. Doch jeder, dem schon einmal das Herz gebrochen wurde, wird diese Anzeichen als Merkmale einer ganz anderen Ursache wiedererkennen: Liebeskummer. In der Tat haben Liebeskummer und Depressionen mehr gemein, als „nur“ eine gedrückte Stimmung.
Die vier Phasen der Trauer
Laut dem Stuttgarter Psychotherapeuten Dietmar Luchmann durchlaufen Menschen nach einem Liebesverlust vier Phasen der Trauer. In der ersten reagiert der Körper ähnlich, wie auf einen schweren Schock. Das Serotoninlevel im Gehirn fällt schlagartig ab, der Körper versucht diesen Mangel sofort mit einer erhöhten Dopaminproduktion auszugleichen. Dadurch entsteht eine sogenannte „frustration attraction“- durch den erhöhten Dopaminspiegel wird das Gefühl der Liebe und Zuneigung nach der Trennung noch verstärkt. Die meisten Menschen wünschen sich in dieser Zeit ihren oder ihre Ex zurück.
Diese erste Phase wird jedoch schnell von der zweiten, unangenehmsten Phase des Trennungsprozesses abgelöst. Nach einer Weile sinkt die Dopaminproduktion wieder und fällt sogar unter den vorherigen Normalwert. In dieser Zeit bricht eine Flutwelle an Gefühlen auf die Betroffenen ein, von Trauer, Angst und Hilflosigkeit bis hin zu Wut und Aggressionen. Luchmann erklärt: „Die Tränen, die bei fast allen hier fließen, sind keine Tränen der Trauer, sondern eine Stressreaktion, die die unerträgliche innere Spannung reduziert.“ Der massive Stress, unter dem viele nach einer Trennung stehen, kann auch körperliche Folgen haben. Ein erhöhter Cortisolspiegel wird unter anderem mit einem geschwächten Immunsystem, Bluthochdruck, Schlaflosigkeit und Herzerkrankungen in Verbindung gebracht.
Wann Liebeskummer zur Krankheit wird
Liebeskummer ist also nicht nur eine enorme psychische Belastung, sondern auch für den Körper anstrengend. Trotzdem findet er in der Psychotherapie nur wenig Beachtung, was umso erschreckender ist, da er vor allem unter Jugendlichen als häufigste Ursache für Selbstmord gilt. Denn während die meisten Menschen nach der zweiten Phase der Trauer die Phase der Verarbeitung und schließlich die der Akzeptanz erreichen, schafft es nicht jeder, diesen Verlust unbeschadet zu überwinden. Die Psychologinnen Dr. Rhodes und Dr. Martinez: erklären: „Je nach Ausmaß der Trennung, ist es auf jeden Fall möglich, dass daraus eine bleibende Depression entsteht. Sie ist ein sehr schmerzvoller Verlust von jemandem, der uns viel bedeutet hat. Der Verlust eines Partners, eines Freundes und von Liebe und Zugehörigkeit, an die man gewöhnt war.“ Es gibt verschiedene Anzeichen dafür, dass es sich nicht mehr um die normale Trauer um eine verlorene Liebe, sondern möglicherweise um eine klinische Depression handelt. Darunter zählen zum Beispiel eine Veränderungen des Schlafverhaltens, eine verschlechterte Konzentrationsfähigkeit, Appetitmangel oder gelegentlich auch -zunahme, Interessemangel, sinkender Hygiene, oder das Bedürfnis, nur noch im Bett zu bleiben. “Menschen, die viel emotionaler oder sensibler veranlagt sind, spüren den Verlust intensiver als andere und sollten sich in so einem Fall sowieso dringend Unterstützung suchen“, erklärt Dr. Rhodes. „Wenn sie dazu noch Verhaltensweisen entwickeln, wie morgens nicht mehr aus dem Bett zu kommen oder ständige schlechte Laune an den Tag zu legen, sollte wirklich nach professioneller Hilfe gesucht werden.“