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Zöliakie ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen weltweit, doch viele Betroffene bleiben unerkannt und unbehandelt. Eine wegweisende Screening-Studie aus Italien hat nun gezeigt, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist als bislang angenommen – ein Weckruf für bessere Früherkennungsstrategien. Das italienische Screening-Programm könnte international Schule machen und die Lebensqualität zahlreicher Zöliakiepatienten verbessern.
Die unsichtbare Krankheit: Zöliakie und ihre Tücken
Etwa einer von 100 Menschen leidet an Zöliakie, einer chronischen Autoimmunerkrankung, die durch den Verzehr von glutenhaltigem Getreide ausgelöst wird. Doch die Dunkelziffer ist hoch: Schätzungen gehen davon aus, dass auf jeden diagnostizierten Patienten bis zu sieben unerkannte Fälle kommen. Der Grund liegt in der tückischen Natur der Erkrankung: Viele Betroffene zeigen lange Zeit keine oder nur unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Müdigkeit.
Bleibt die Zöliakie unerkannt und unbehandelt, drohen langfristig ernsthafte Komplikationen wie Mangelerscheinungen, Osteoporose oder sogar bestimmte Krebsarten. Eine frühe Diagnose ist daher entscheidend, um Folgeschäden zu vermeiden. Doch wie lassen sich die vielen verborgenen Fälle aufspüren?
Italiens wegweisende Screening-Studie
Einen wichtigen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage liefert eine großangelegte Screening-Studie aus Italien. Unter der Leitung von Prof. Dr. Carlo Catassi wurden fast 4500 Schulkinder in sechs Städten auf Zöliakie untersucht. Das alarmierende Ergebnis: Bei 1,65% der Kinder – also fast einem von 60 – wurde eine Zöliakie festgestellt. 60% davon waren zuvor nicht diagnostiziert worden.
Die Studie verwendete einen innovativen zweistufigen Screening-Ansatz: Zunächst wurde bei allen Kindern eine genetische Analyse durchgeführt, um die Zöliakie-Risikogene HLA-DQ2 und -DQ8 zu bestimmen. Kinder mit positivem genetischen Risiko wurden dann in einem zweiten Schritt mit serologischen Tests auf zöliakiespezifische Antikörper untersucht.
Bedeutung der HLA-Genotypisierung als Screening-Tool
Die Ergebnisse zeigen, dass die HLA-Genotypisierung eine zuverlässige und effiziente Methode für ein erstes Zöliakie-Screening ist. Sie erkennt auch Kinder mit einem IgA-Mangel, der bei 2-3% der Zöliakiepatienten vorkommt und zu falsch-negativen Antikörpertests führen kann. In Kombination mit den serologischen Tests ermöglicht sie eine zuverlässige Diagnose auch bei symptomarmen Fällen.
Ein großer Vorteil der genetischen Analyse ist zudem, dass sie Risikopersonen identifiziert, die später im Leben erneut getestet werden sollten, wenn Symptome auftreten. In einem Interview mit Medscape schlägt Prof. Catassi vor, dass Kinder, die heute genetisch positiv, aber serologisch negativ sind, bei Symptomen erneut untersucht werden.
Screening-Debatte: Vor- und Nachteile eines Bevölkerungs-Screenings
Die Frage, ob ein generelles Bevölkerungs-Screening auf Zöliakie sinnvoll ist, wird unter Experten seit fast 30 Jahren kontrovers diskutiert. Befürworter sehen darin eine Chance, die hohe Dunkelziffer zu senken und Betroffenen eine frühzeitige Behandlung zu ermöglichen, bevor sich Komplikationen entwickeln. Sie argumentieren, dass auch bei geringen Symptomen auf lange Sicht ernsthafte Gesundheitsrisiken drohen.
Kritiker warnen hingegen vor einer Überdiagnose. Sie befürchten, dass viele Menschen unnötig als krank etikettiert und mit einer einschneidenden glutenfreien Diät belastet werden, ohne dass ein klarer Nutzen für ihre Gesundheit belegt ist. Auch falsch-positive Testergebnisse sind ein Kritikpunkt – doch hier konnte die italienische Studie Entwarnung geben.
Was noch fehlt, sind Langzeitstudien, die die Auswirkungen eines Screenings auf die gescreenten im Vergleich zu nicht-gescreenten Personen untersuchen. Solche Daten sind schwierig zu erheben, denn es wäre ethisch problematisch, einen Teil der Betroffenen unbehandelt zu lassen.
Italienisches Screening-Programm als Weckruf und Chance
Genau hier setzt das 2022 beschlossene italienische Screening-Programm an. Als weltweit erstes Land hat Italien ein nationales Zöliakie-Screening für alle Kinder und Jugendlichen zwischen 1 und 17 Jahren eingeführt. Experten wie Dr. Wanda Nicholson von der George Washington University sehen darin eine mutige und wichtige Entscheidung, denn man könne viel daraus lernen Auch im Hinblick auf die Prävention von Folgeerkrankungen und die Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen.
Die im Rahmen des Programms erhobenen Daten werden mit Spannung erwartet. Sie könnten wertvolle Erkenntnisse liefern, um den Nutzen eines Screenings besser einzuschätzen und die Debatte voranzubringen. Langfristig erhofft man sich eine solidere Grundlage für zukünftige Empfehlungen zur Früherkennung von Zöliakie.
Aussicht auf verbesserte Lebensqualität durch frühe Diagnose
Ein zentrales Argument der Screening-Befürworter ist die Aussicht auf eine verbesserte Lebensqualität für Betroffene durch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung. Auch wenn direkte Beweise noch ausstehen, deuten Studien darauf hin, dass viele Patienten von einer glutenfreien Diät profitieren – selbst wenn die Symptome nur schwach ausgeprägt sind.
Denn, laut Prof. Catassi im Interview mit Medscape, trotz der Einschränkungen würde er bei vielen Patienten eine spürbare Verbesserung des Wohlbefindens sehen und die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Zöliakie könnte Betroffenen viel Leid ersparen.
Durch die Vermeidung von Mangelerscheinungen und Folgeerkrankungen scheint eine frühe Diagnose die Mühen der lebenslangen Diät in vielen Fällen aufzuwiegen. Die Ergebnisse des italienischen Programms werden hierzu weitere wichtige Daten liefern.
Das Engagement von Dr. Schär für Zöliakiebetroffene
Als führender Hersteller von glutenfreien Lebensmitteln in Europa setzt sich Dr. Schär seit vielen Jahren für die Bedürfnisse von Zöliakiebetroffenen ein. Durch die Entwicklung hochwertiger und schmackhafter Produkte trägt das Unternehmen dazu bei, die Lebensqualität von Zöliakiepatienten zu verbessern und ihnen trotz der notwendigen Diät ein Stück Normalität zu ermöglichen.
Darüber hinaus unterstützt Dr. Schär Betroffene mit umfassenden Informationen und Services rund um die glutenfreie Ernährung. Ein Beispiel dafür ist das Portal Gutsense, das Menschen mit Magen-Darm-Beschwerden in jeder Phase der Diagnosestellung begleitet. Es versorgt sie mit medizinisch fundierten Informationen zur Darmgesundheit und bietet einen Symptomtest, der dabei hilft, eine erste Einschätzung der Beschwerden zu geben. Zudem haben Betroffene die Möglichkeit, eine kostenlose fachärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Neben der Unterstützung von Patienten engagiert sich Dr. Schär auch in der Forschungsförderung. Die kürzlich gegründete Anton Schär Stiftung unterstützt die Arbeit von Kliniken und Wissenschaftlern. Eine erste Förderung ging an die Charité-Universitätsmedizin Berlin, wo mithilfe der Mittel ein Gerät erworben wurde, das die Diagnose von refraktärer Zöliakie und Enteropathien erleichtert. Ziel ist es, die oft unzureichende Erkennung und Behandlung dieser einschränkenden Erkrankungen zu verbessern.
Das Unternehmen fördert zudem aktiv die Aufklärung und das öffentliche Bewusstsein für Zöliakie, um Verständnis für die Erkrankung zu schaffen und Betroffene zu entstigmatisieren. Durch Informationskampagnen und die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen trägt Dr. Schär dazu bei, Zöliakie als ernst zu nehmende Krankheit ins Bewusstsein zu rücken und für die Bedürfnisse der Betroffenen zu sensibilisieren.
„Unser Ziel ist es, Zöliakiebetroffene in allen Lebensbereichen zu unterstützen – von der Diagnose über die Umstellung der Ernährung bis hin zur Bewältigung des Alltags. Dabei setzen wir auf eine Kombination aus hochwertigen Produkten, umfassender Information und der Förderung von Forschung und Aufklärung.“ – Philipp Schoeller, CEO Dr. Schär AG
Vorreiterrolle Italiens – ein Vorbild für Europa?
Mit der Einführung des nationalen Screening-Programms hat Italien eine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. Das Land setzt mutig die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre in die Praxis um – eine Entscheidung, die international als wegweisend begrüßt wird. Die erwarteten Ergebnisse könnten wertvolle Impulse für die Zöliakie-Leitlinien auch in anderen Ländern geben.
Bisher verfolgen die meisten Staaten eher einen Ansatz des „case finding“, bei dem gezielte Tests aufgrund von Symptomen oder Risikofaktoren erfolgen. Angesichts der erschreckend hohen Dunkelziffer, die die italienische Studie offenbart hat, könnte sich das in Zukunft ändern. Die italienischen Daten werden zeigen, ob ein Bevölkerungs-Screening ein geeigneter Weg ist, um mehr Betroffene frühzeitig zu erkennen und damit ihre Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern.
Sollten sich die Hoffnungen bestätigen, könnte das italienische Programm Modellcharakter entwickeln – eine Chance für eine bessere Früherkennung und Prävention von Komplikationen der Zöliakie, national wie international. Es bleibt spannend zu verfolgen, welche Lehren andere Länder aus den mutigen Schritten Italiens ziehen werden. Der einzige Eisberg, den wir schmelzen sehen wollen, ist der Zöliakie-Eisberg – und der erste Riss ist nun sichtbar.
Quellen: