Inhalt
Entstehung von Feuerball und Atompilz
Luftdetonation
Die erste und auffälligste Erscheinung einer Atomexplosion, ist die Entwicklung eines riesigen Feuerballs, der sich zum Atompilz entwickelt.Beim Betrachten alter Filmaufnahmen findet man regelmäßig einen doppelten Lichtblitz, dessen erster Teil so kurz erscheint, dass man ihn kaum wahrnimmt. Dafür ist er so hell, dass man ihn kaum präzise orten kann und die meisten Photos überbelichtet sind.Die genauen Abläufe hängen von der Art der Detonation ab, ob atmosphärisch (in deutscher Sprache meist “oberirdisch” genannt: Hochatmosphäre, niedrig-atmosphärisch, oberflächennah, Boden), unterirdisch (Krater, Bohrloch, Tunnel) oder unter Wasser. Und natürlich auch von der Sprengkraft der Bombe. Im Folgenden wollen wir zunächst vom typischen Fall einer niedrig-atmosphäri- schen Detonation ausgehen.Grob lässt sich der Ablauf in 4 Phasen einteilen (Quelle: Carey Sublette – s.u.):
1. nukleare Kettenreaktion | 0 | – | 10-6 sec |
2. Bildung von Feuerball und Schockwelle | 10-6 | – | 0.1 sec |
3. Abkühlen des Feuerballs, Ausbreitung der Schockwelle | 0.1 | – | 10 sec |
4. Ausbildung der Atompilz-Wolke | sec. | – | min. |
1. Nukleare Kettenreaktion
Waffenfähiges Spaltmaterial muß im Mittel 2 oder mehr Neutronen je Spaltung abgeben, um eine ausreichend hohe Wachstums- rate zu gewährleisten. Die mittlere Zeit zwischen zwei Spaltungsgenerationen beträgt ca. 10-8 sec., so dass der Spaltvorgang nach 82 Spaltungsgenerationen, in 0.8 µs, abgeschlossen ist. (Bei der Wasserstoffbombe folgt noch die Phase der Kernfusion, die wenige Mikrosekunden beansprucht, sowie, je nach Bauart, noch eine zweite, durch schnelle Fusions- neutronen induzierte Kernspaltung.) Aufgrund des exponentiellen Wachstums wird der größte Teil der Energie in den letzten Spaltungsgenerationen freigesetzt. Während in den ersten 60 Spaltungsgenerationen kaum die Energie der konventionellen Implosionsladung der Bombe erreicht wird, sind es nach 77 Generationen ca. 5% der Gesamtenergie. 95% der Energie werden in den letzten 5 Spaltungsgenerationen freigesetzt, also innerhalb von 5×10-8 sec. (0.05µs). Die Energie entsteht zu 80% in Form von Photonen, außerdem in Form von angeregten Atomen und als kinetische Energie der ionisierten Atome und Elektronen. Die Temperatur beträgt zu diesem Zeitpunkt 60 bis 100 Mio.°C und entspricht ungefähr dem 10.000 – 20.000-fachen der Oberflächen- temperatur der Sonne. Die ungefilterte Leuchtintensität steigt mit der 4. Potenz der Temperatur an und ist etwa um den Faktor 1016 größer als die der Sonne.
2. Bildung von Feuerball und Schockwelle
3. Abkühlen des Feuerballs und Ausbreitung der Schockwelle
4. Ausbildung der Atompilz-Wolke
Abhängig von der Höhe der Detonation und der Beschaffenheit der Bodenoberfläche wird durch einen starken Aufwind Erdreich (bzw. Wasser bei Detonationen über dem Meer) in die Wolke hineingezogen. Bei niedriger Detonationshöhe werden große Mengen von Erdreich zu einem frühen Zeitpunkt in die Wolke gerissen, so dass sie ebenfalls verdampfen. Sie kondensieren dann zusammen mit den vaporisierten Bombenmaterialien und werden dadurch erheblich radioaktiv kontaminiert. Bei höheren atmosphärischen Detonationen erreichen die Bodenpartikel die Wolke erst zu einem späteren Zeitpunkt, so dass die Bombenpartikel schon großenteils kondensiert sind und nicht mehr zusammen mit den Bodenpartikeln eine so enge Verbindung eingehen. Die Geschwindigkeit, mit der sich die radioaktive Wolke hebt, hängt ebenso wie die Maximalhöhe von den meteorologischen Verhältnissen, aber auch von der Detonationskraft der Bombe ab.
bodennahe und unterirdische Detonationen
Während bei niedrigen atmosphärischen Detonationen der Feuerball die Oberfläche erreichen und dort zu Verdampfung von Erdreich führen kann, welches den Atompilz mit radioaktivem Material kontaminiert, führt die Druckwelle oberflächennaher Tests zum Auswurf eines Kraters. Je nach Höhe über bzw. Tiefe unter der Oberfläche ändern sich die Anteile der Druckwelle, die zum Auswurf von Erdreich führen, während der Rest der Energie als Druckwelle in die Luft oder als Schockwelle in den Boden übertragen wird.Mit zunehmender Tiefe wird mehr Erdreich auf- geworfen. Ein Teil davon fällt aber in den Auswurf- krater zurück. Bei einer bestimmten Tiefe wird ein Maximum an Auswurf und ein Krater von maxi- maler Weite und Tiefe erzeugt. Beim Sedan-Test (06.07.1962, auf der Nevada Test Site, Plowshare-Programm) wurde mit einer 104 kt Bombe in 198 m Tiefe ein Krater von 390 m Durchmesser und 98 m Tiefe gesprengt, dabei wurden 12 Mio. t Bodenmaterial ausgeworfen (s. Kap. Geschichte der Atombombe – Nevada Test Site “Area 10”). Das an den Krater grenzende Gestein zeigt eine Zone mit Spalten und Rissen, die durch die Deto- nation erzeugt wurden. Jenseits davon findet sich eine plastische Zone, in der keine Risse auftreten, aber das Gesteinsmaterial deformiert und zu einer höheren Dichte komprimiert ist. Bei noch größerer Tiefe fällt fast das gesamte Auswurf-Material in den Krater zurück. Versuche zur zivilen Nutzung von Atome- xplosionen z.B. für den Bau von Häfen und Kanälen wurde wegen der erheblichen Umwelt-Kontamination aufgegeben. “Gehärtete” Atomwaffen sollen dazu dienen, tiefe Bunker zu knacken. Die Eindringtiefe ist dabei aber limitiert.
Geschlossene Detonationen (contained) in noch größerer Tiefe erreichen keinen Kontakt mehr zur Oberfläche. Es entsteht eine Höhle mit geschmolzenem Gesteinsmaterial und darüber ein “Kamin” aus abstürzendem Gestein, je nach Tiefe und Bodenmaterial an der Oberfläche ein Senkungskrater. 828 der 1054 amerikanischen Atombombentests erfolgten unterirdisch, teils in Tunnels in Bergregionen und teils in Bohrlöchern in der Ebene. Einige Regionen der Nevada Test Site scheinen daher wie mit Pockennarben übersät. Der größte Teil dieser Tests erfolgte tief unterirdisch und “geschlossen”, so dass keine Strahlung in die Atmosphäre gelang. In einigen Fällen durchbrach die Detonation “versehentlich” die Deckschicht. Der größte Zwischenfall ereignete sich beim Baneberry-Test am 18.12.1970, bei dem eine 10kt Detonation in 270m Tiefe an die Oberfläche durchbrach und 6.7 Mio. Curie Radioaktivität freisetzte. Nach Angaben der US Behörden soll während der Untergrund-Tests in 299 Fällen Kontamination nur “on-site” und in 38 Fällen “off-site” messbar gewesen sein. Die Umweltbelastung wurde durch die Verlegung der Tests in den Untergrund erheblich verringert. Probleme bereiten aber selbst in der Wüste Nevadas u.a. die Grundwasser-Kontamination, die regelmäßige Kontrollen von Brunnenanlagen in der Umgebung erfordert. Selbst Las Vegas soll in einigen Jahrzehnten von radioaktivem Grundwasser bedroht sein.
Unterwasser-Detonationen
Mit Unterwasser-Detonationen sind bestimmte Phänomene verbunden, wenn die Details auch von der Detonationsenergie, der Tiefe unter der Wasseroberfläche, der Wassertiefe und der Bodenstruktur unter Wasser abhängen. Die folgende Beschreibung bezieht sich überwiegend auf Beobachtungen, die beim Baker-Test im Bikini-Atoll 1946 gemacht wurden. Die Detonation von 23 kt erfolgte ca. 27,5 m unter der Wasseroberfläche. Die Wassertiefe der Lagune betrug hier ca. 66m. Auch bei einer Unterwasser-Detonation entsteht ein Feuerball, aber kleiner als bei atmosphärischen Explosionen. Beim Baker-Test war für wenige tausendstel Sekunden ein Lichtschimmer zu sehen kurz bevor sich durch die Schockwelle an der Oberfläche sehr schnell ein schwarzer Fleck (“slick”) ausbreitet gefolgt von einem runden weißen Fleck (“crack”). Kurz danach erreicht die Blase heißen Wasserdampfes oder -gases zusammen mit Trümmern der Bombe und Spaltprodukten die Oberfläche und eine Fontäne von Wasser und Gischt (“spray dome”) schießt nach oben. Ein Teil der Schockwelle gelangt in die Luft. Hinter der Schockfront dehnt sich die Luft wieder aus und kühlt ab, so dass sich eine Kondensationswolke, auch “Wilson Wolke” formiert (Bilder 5 bis 7). Wenn der Druck in der Gasblase, teils noch unter Wasser, abfällt, stürzt Wasser in die Höhle und wird als eine Hohlsäule nach oben gerissen, die über der Kondensations- wolke einen blumenartigen Kreis formt, in dessen Zentrum weiterhin die Reste der Gasblase nach oben gelangen. Die Höhe der Wassersäule beim Baker-Test wurde auf ca. 2000m geschätzt mit einem Maximaldurchmesser von 600 bis 700 m und einer Dicke der Wasserwand von 100m. Schätzungsweise 1 Mio. Tonnen Wasser wurden in die Luft geschleudert. Außerdem muß ein Teil des Meeresbodens in der Lagune mit in die aufgeworfenen Wassermassen gelangt sein, denn man fand später einen kalkartigen Belag auf den Schiffen in der Umgebung. Die radioaktive Wolke stieg dann bei einem Durchmesser von ca. 2000m auf eine Höhe von 3300m, deutlich weniger, als bei einer Luftdetonation zu erwarten gewesen wäre.Wenn die aufgetürmte Wassersäule beginnt, ins Meer zurückzufallen, bildet sich eine riesige Basiswelle (“base surge”) aus Gischt um die Wassersäule herum. Beim Baker-Tests formierte sie sich ca. 10 bis 12 sec. nach der Detonation (die Anfänge davon in der Bilderserie bei Bild 14) und erreichte schnell eine Höhe von 300m (Bild 15, am Fuß der Basiswelle sieht man noch einige Zielschiffe unmittelbar bevor sie von der Welle überrollt werden). Innerhalb von 4 min erreichte der Radius der Basiswelle 5,5 km und eine Höhe von 600m. Gleichzeitig begann sich die Basiswelle von der Meeresoberfläche zu lösen und mit der radioaktiven Wolke in der Höhe zu verschmelzen. Nach 5 min hatte sie das Aussehen von Stratocumulus-Wolken, aus der es für eine Stunde teils heftig zu regnen begann. Das Problem der Basiswelle besteht vorwiegend in der massiven radioaktiven Kontamination, die sich noch als unsichtbare “radioaktive Welle” weiter fortpflanzt, wenn die Wassertröpfchen schon verdampft sind. Diese “Welle” kann über weite Flächen, vorwiegend abwindig, eine erhebliche Kontamination der Umgebung verursachen.
Während der Baker-Test bei geringer Wassertiefe und ziemlich dicht unter der Wassertiefe stattfand, erfolgte der Wigwam-Test (14.05.1955, 30 kt) in großer Tiefe, bei 666 m. Anders als bei tiefen Untergrund-Detonationen, erreichte aber auch hier die Blase, die aus dem Feuerball entstand, die Wasseroberfläche. Zunächst dehnt sich eine solche Blase aus bis ein Maximum erreicht ist. Dabei behält sie ihre sphärische Form. Die angrenzenden Wassermassen erhalten dadurch einen Impuls, der eine Größenzunahme der Wasserblase bewirkt, bis dort ein Unterdruck entsteht, der zur Kontraktion der Blase führt. Am Ende der Kontraktionsphase baut sich wieder ein Überdruck auf und ein Teil des Dampfes kondensiert. Wegen des höheren hydrostatischen Drucks am Boden wird die Blase während der Kontraktion von unten her eingedrückt sie eine eher toroidale Form annimmt. Durch Kontraktion und Expansion entstehen Schwingungen bis i.d. Regel nach 3 Zyklen so viel Dampf kondensiert ist, dass die Schwingungen sistieren. Während der ganzen Zeit bewegt sich die Blase mit den benachbarten Wassermassen aufwärts und durchstößt die Wasser- oberfläche unter Bildung einer hohlen Wassersäule. Der Wasserauswurf beim Durchbruch hängt großenteils davon ab, ob zu diesem Zeitpunkt in der Blase ein Über- oder Unterdruck besteht. Auch hier entsteht eine Basiswelle, die u.U. hochgradig radioaktiv ist.
Hochatmosphären-Detonationen
Bis zu einer Höhe von ca. 30 km ändert sich die Verteilung der Detonationsenergie auf Hitzestrahlung und Druckwelle kaum. Das ändert sich bei größeren Höhen. Auch wenn es keine scharfe Grenze gibt, spricht man ab dieser Höhe von der Hochatmosphäre. Die Luft ist hier so dünn, dass sich die Wechselwirkung zwischen der Detonationsenergie und der Umgebung deutlich von der in niedrigerer Höhe unterscheidet. Der Teil der Energie, der zur Schockwelle umgewandelt wird, ist kleiner und verringert sich mit zunehmender Höhe. Mehr Energie wird daher in Wärme umgewandelt und wegen der dünnen Luft kann die Wärmestrahlung viel weiter in die umgebenden Luft abstrahlen bevor sie absorbiert wird.Weil sich die primäre Strahlungsenergie in einem viel größeren Volumen verteilt, ist auch die Energie pro Volumeneinheit, die zur Bildung einer Schockwelle beiträgt, deutlich kleiner. Die Außenfront der Schockwelle breitet sich langsamer aus und der radiative Transport dominiert die Ausweitung des Feuerballs. Die Luft an der Schockfront wird nicht heiß genug um strahlenundurchlässig zu werden und den Feuerball zu maskieren. Es entfällt die bei niedrigen atmosphärischen Detonationen typische Aufteilung in ersten und zweiten Lichtblitz. Der Feuerball ist während der gesamten Phase seiner Ausbreitung zu beobachten. Die Strahlung wird als ein einziger relativ kurzer Licht- und Wärmeblitz abgestrahlt. Die am Boden gefühlte Wärmestrahlung und die Helligkeit des Lichtblitzes sind deutlich höher als bei niedrigeren atmosphärischen Detonationen. Außerdem wird bei Höhendetonationen mehr UV-Licht erzeugt als im zweiten Puls einer niedrigeren Detonation, weil in der Höhe weniger Ozon und Stickoxide entstehen, die das UV-Licht absorbieren. Ein besonderes Phänomen bei Explosionen zwischen 30 und 80 km Höhe ist daher die besondere Helligkeit des Feuerballs, der über viele hundert Kilometer sichtbar ist und auch noch auf große Distanz die Augen verletzen kann. Ab einer Höhe von ca. 42 km erhitzt die Wärmestrahlung dann mehr die Luft in der Umgebung der Detonation, so dass sich die Hitzeentwicklung am Boden wieder verringert.Weitere wichtige Auswirkungen von Detonationen in der Hochatmosphäre sind weitreichende Ionisation und andere Störungen in dem Teil der Atmosphäre, der auch Ionosphäre genannt wird. Es kommt zu Störungen an Radio- und Radar-Wellen, manchmal über sehr weite Distanzen. Bei Detonationen über 30 km Höhe kann es mit zunehmender Detonationskraft und -höhe in weitem Umkreis zum Elektro-Magnetischen Puls (EMP, s. Abschnitt EMP) kommen. Bei ausreichender Detonationskraft ist die gesamte Fläche unter der Bombe bis zum Horizont betroffen. Eine interessante sichtbare Erscheinung von Detonationen in der Hoch- atmosphäre sind Polarlichter. Die Polarlichter entstehen durch Bewegung von Betateilchen aus dem radioaktiven Zerfall von Spaltprodukten entlang den Erdmagnetfeld-Linien.
Bluegill Triple Prime (Operation Fishbowl, Teil der Operation Dominic) war der vierte Versuch mit dem W-50-Gefechtskopf und endlich erfolgreiche. Beim ersten Startversuch detonierte die Rakete auf der Startrampe. Auch wenn die Bombe selbst nicht zündete, das Plutonium wurde auf dem Areal verteilt und machte große Säuberungsaktionen erforderlich. Beim gelungenen Test erfolgte die Detonation in 48 km Höhe, noch tief genug, um einen annähernd runden Feuerball zu erzeugen. Beobachter sahen einen hellweißen Blitz und spürten die Hitze auf der Haut. Eine gering verformte mondähnliche Kugel erschien, deren Farbe sich von gelb nach grün, rosa und violett wandelte. Blau-purpurne Streifen bildeten sich, ein helles Glühen dauerte ca. 30 min an. Der Feuerball konnte auch in Hawaii gesehen werden.
Die Teak-Explosion (76 km Höhe) wurde von einem hellen Blitz begleitet, der am Horizont von Hawaii, 1130 km entfernt, noch sichtbar war. Wegen der geringen Dichte der Atmosphäre in der Umgebung der Detonation wuchs die Größe des Feuerballs sehr schnell an, in 0,3 sec auf 18 km und in 3,5 sec auf 29 km Durchmesser. Der Feuerball stieg sehr schnell aufwärts, anfangs mit 1,6 km/s. Er war von einer hellen rotleuchtenden Schale umgeben, erzeugt durch Sauerstoffatome, die durch die Schockwelle angeregt wurden und ihre Anregungsenergie durch Aussendung von Licht am roten Ende des Spektrums wieder abgaben. Nach ca. 1 Minute war der Feuerball auf eine Höhe von 145 km aufgestiegen und konnte dann direkt von Hawaii aus gesehen werden. Die rotleuchtende Schale war einige Minuten lang zu beobachten. Nach ca. 6 min betrug ihr Durchmesser fast 1000 km. Außerdem zeigten sich wenige Sekunden nach der Detonation helle, künstliche Polarlichter unter dem Feuerball und rote Fahnen zogen in nördliche Richtung. Polarlichter konnten auch auf der Insel Samoa, 3200 km entfernt, beobachtet werden. Nach dem Teak-Test wurden über viele Stunden die Hochfrequenz-Radio-Kommunikation in einem Bereich von mehreren tausend Kilometern beeinträchtigt. Bis zu einer Höhe von ca. 80 km besitzt der Feuerball eine annähernd kugelige Form, auch wenn er sich bei größeren Höhen schon etwas in vertikaler Richtung streckt. Die Ausbreitung des verdampften Bombenmaterials und der durch Röntgenstrahlung weißglühenden Luft decken sich weitgehend. Ab einer Höhe von 80 km werden Röntgenstrahlen, die nach oben gerichtet sind, praktisch nicht mehr absorbiert. Abwärts gerichtete Röntgenstrahlen werden großenteils in einer Luftschicht in Höhe von 80 km absorbiert und erzeugen dabei eine halbschalen- oder pfannkuchen-förmige weißglühende Erscheinung. Die Dicke dieser Schale liegt bei ca. 10 km und ihr Radius beträgt annähernd Detonationshöhe minus 80 km. Das verdampfte Bombenmaterial kann in große Höhen aufsteigen. Die Hitzestrahlung wird aber von der “Pfannkuchenstruktur” in Form eines einzelnen Pulses abgestrahlt, der aber einen deutlich geringeren Teil der Detonationsenergie enthält.
Kingfish (Operation Dominic-Fishbowle, <1 Mt, 1962, 96 km, Johnston Is.) hatte viele Ähnlichkeiten mit Teak. Die optischen Erscheinungen konnten in weiten Teilen des Zentral-Pazifiks beobachtet werden, bis nach Hawaii. Wegen der dünneren Luft waren die magnetischen Einflüsse stärker. Die anfangs hellgelbe Kugel streckte sich in Nord-Süd-Richtung, nach 30 min auf 200 km, und dehnte sich bis auf 300 km aus. Sie war ca. 1½ Stunden sichtbar. Auf den Johnston Islands war eine gelb-weiße Kugel sichtbar, für 1 Minute mit intensiven purpurnen Fahnen. Außerdem führte die Magnet- feldwirkung auf verdampftes Bombenmaterial zu einer stiftförmigen Nordlicht- Erscheinung. Auch von Maui aus waren die Nordlichter zu beobachten. Als Folge des Tests kam es für mehrere Stunden zu Störungen in der Ionosphäre mit Unterbrechung der Radioverbindung.Obwohl die Energiedichte durch eine Detonation in dieser Höhe sehr gering ist, im Vergleich zu Detonationen in geringerer Höhe, wird durch das verdampfte Bombenmaterial noch eine Schockwelle erzeugt (jedenfalls bis zu einer Höhe von 120 km). Weil das Bombenmaterial hochgradig ionisiert ist, wird die Verteilung dieser Bombentrümmer vom Erdmagnetfeld stark beeinflusst.
Bildung und Größenzunahme des Feuerballs verändern sich noch stärker bei Höhen über 105 km. Weil die Röntgenstrahlen in dieser dünnen Atmosphäre sehr weit reichen, bevor sie absorbiert werden, bildet sich hier kein lokaler Feuerball. Bis zu einer Höhe von 300 km wird die Energie, die sich anfangs als schnelle zentrifugale Bewegung der Bombenpartikel zeigt, noch in einem relativ begrenzten Umfeld deponiert mit entsprechend hoher Temperatur und Ionisierung. In noch größeren Höhen, ab 320 km, begrenzt zunehmend das Erdmagnetfeld die Ausdehnung der ionisierten Trümmer quer zu den Feldlinien. Bewegung entlang der Feldlinien wird dagegen kaum gebremst. Wenn die Partikel dann entlang dieser Linien in tiefere Atmosphärenschichten gelangen, bei ca. 120 km Höhe, werden sie durch die dichtere Atmosphäre aufgefangen und erhitzen und ionisieren hier die Luft so stark, dass sie sichtbar wird, anschließend steigt und sich ausdehnt. Dieses Phänomen wurde beim Starfish Prime Test beobachtet.Der erste Versuch von Starfish musste durch Sprengung in 10 km Höhe abgebrochen werden. Trümmer mit Plutoniumresten wurden über die Insel verstreut. Der zweite Versuch, Starfish Prime (Operation Fishbowle/Dominic, 1,45 Mt, 1962, 400 km Höhe, Johnston Island), erzeugte eine eindrucksvolle Light-Show durch künstliche Nordlichter, die bis zu 7 Minuten sichtbar waren. In 400 km Höhe besitzen Luftdruck und die Kraft der Magnetfeldlinien gleiche Wirkung auf die ionisierten Bombenteilchen. Ein großer Teil des Bomben- materials bewegte sich schnell entlang der Feldlinien in Richtung Nord- oder Südpol und wurde in ca. 100 km Höhe reflektiert. Anderes Material verteilte sich im Umkreis von 500 km um den Detonationspunkt. Ein kleiner Teil wurde bis auf eine Höhe von 1000-2000 km geschleudert und erzeugte hier künstliche Strahlungsgürtel. Die Hitzestrahlung war dagegen kaum von Bedeutung. Ein Elektromagnetischer Puls (EMP) erzeugte Spannungsspitzen im Stromnetz auf Hawaii und ließ Sicherungen durchbrennen. Auf Oahu heulten die Alarmanlagen auf und Straßenlaternen gingen aus.
Auch die ehemalige Sowjetunion testete Atombomben in der Hochatmosphäre, anders als die USA aber nicht über dem Meer sondern über Land. Zwischen Oktober 1961 und November 1962 erfolgten sechs Tests am Westrand der kasachischen Steppe, im Raketen-Testgelände Kapustin Yar (Astrakhan Region, 120 km östlich von Wolgograd, früher Stalingrad) und 50 km westlich der kasachischen Grenze. 1946 zunächst als Zeltstadt gegründet, gehörte der Ort später unter dem Codenamen Znamensk zu den Geheimen Städten der Sowjetunion. Zwischen 1956 und 1962 wurde hier die R-12-Rakete getestet, die von deutschen Wissenschaftlern aus Peenemünde konstruiert wurde und auf der V-2 basierte. Die R-12 wurde durch die Kubakrise bekannt. Zu Testzwecken wurden die Raketen bis nach Semipalatinsk in Kasachstan geschossen. Die R-12 war auch die Trägerrakete für die Hochatmosphären-Tests. Diese Tests dienten vorwiegend zur Erforschung des EMP (s. Abschnitt EMP) und möglicher Abschirmung von militärischen Einrichtungen. Die Tests unterliegen bis heute der Geheimhaltung, Photos sind im WWW nicht verfügbar. Später diente Kapustin Yar der Stationierung von SS-20 Raketen. Nach 11 Jahren Pause wurde dort am 28.04.1999 mit einer Cosmos-3M, die deutsche und italienische Satelliten in eine Erdumlaufbahn beförderte, wieder mit dem Start von Raketen begonnen.
Unmittelbare Wirkungen
Atomexplosionen haben unmittelbare und verzögerte Wirkungen zur Folge. Die unmittelbaren Wirkungen (Druckwelle, Hitzestrahlung und sofortige radioaktive Strahlung) verursachen Zerstörungen innerhalb von Sekunden bis Minuten nach der Detonation. Die verzögerten Wirkungen (radioaktiver Fallout und andere mögliche Effekte auf die Umwelt) verursachen Schäden über eine Zeitspanne von Stunden bis über Jahrhunderte und das teilweise in vom Detonationspunkt sehr entfernten Regionen. Die Energie der Detonation, die in der ersten Minute freigesetzt wird, verteilt sich auf die drei Anteile: Hitzestrahlung, Druckwelle und ionisierende Strahlung. Der radioaktive Zerfall des Fallouts setzt in der Folgezeit noch einmal 5 bis 10% der Energie frei.
Die drei Kategorien unmittelbarer Wirkungen sind: Druckwelle, Hitzestrahlung und sofortige radioaktive Strahlung. Ihre relative Bedeutung variiert mit der Sprengkraft der Bombe. Bei niedriger Sprengkraft können alle drei zu signifikanten Schädigungen führen. Bei ca. 2.5 kt sind die Wirkungen annähernd gleich. Alle können im Radius von 1 km zu tödlichen Verletzungen führen.
Folgende Gleichungen beschreiben den potentiell tödlichen Radius für die drei Wirkungen:Wird Y in Vielfachen oder Bruchteilen von 2.5 kt angegeben sind alle Konstanten = 1 und das Ergebnis ist in Kilometern, basierend auf einer Hitzestrahlung ausreichend um 3.-gradige Verbrennungen zu erzeugen (8 cal/cm²), einer Druckwelle mit 0.322 Bar Überdruck (= 4.6 psi, psi für pounds per square inch, 1 psi = 0.07 Bar) und 500 rem Strahlungsdosis bei optimaler Detonationshöhe.So beträgt der Radius bei einer 10 kt Bombe für Hitzestrahlung 4 0.41 = 1.77 km, bei einer 10 Mt Bombe 4000 0.41 = 30 km. Die Radien für die Druckwelle betragen dann 4 0.33 = 1.58 km bzw. 4000 0.33 = 15 km und für die Strahlung 4 0.19 = 1.3km bzw. 4000 0.19 = 4.83 km.Die zugrundeliegenden Prinzipien für das unterschiedliche Verhalten von Hitzestrahlung, Druckwelle und ionisierender Strahlung sind leicht nachvollziehbar. Das Verhältnis dieser Kräfte, die bei Bomben verschiedener Sprengkraft freigesetzt werden, ist grundsätzlich gleich. Aber die Art und Weise, wie diese Kräfte mit Luft und den Zielobjekten reagieren unterscheidet sich erheblich.Nach dem Bombenabwurf über Hiroshima fand man Verletzungen (und Tote) auf Grund aller drei Arten von Wirkungen. Verbrennungen, einschließlich derer durch die folgende Feuersbrunst, waren die häufigste Ursache schwerer Verletzungen: zwei drittel aller Personen, die am ersten Tag starben. Und Verbrennungen traten im größten Umkreis auf. Verletzungen sowohl durch die Druckwelle als auch durch Verbrennung fanden sich bei 60 bis 70% aller Überlebenden. Menschen, die sich nahe genug am Zentrum befanden, um eine signifikante Strahlendosis zu erhalten, waren deutlich im Bereich letaler Auswirkungen von Druckwelle und Verbrennung. Nur 30% der verletzten Überlebenden zeigten Symptome der Strahlenkrankheit. Viele von ihnen befanden sich an Orten, die sie vor der Druckwelle und vor Verbrennung schützten, die meisten zeigten aber zusätzlich zur Strahlenkrankheit auch Verletzungen durch Druckwelle und Verbrennung.Bei einer Sprengkraft von über einigen hundert kt, wie sie für strategische Gefechtsköpfe typisch ist, verliert die frühe Strahlenkrankheit an Bedeutung. Eine gefährliche Strahlungsdichte findet sich nur so nahe am Detonationspunkt, dass das Überleben der Druckwirkung ausgeschlossen ist. Andererseits können gefährliche Verbrennungen noch weit jenseits des Bereichs großer Druckwirkung auftreten. Eine 20 Mt Bombe kann 3.gradige Verbrennungen noch im Abstand von 40 km verursachen, wo die Druckwelle höchstens Fensterscheiben bersten lässt.Als Faustregel für die Anzahl von Sofort-Toten aufgrund aller drei Bombenwirkungen nimmt man die Anzahl von Personen, die innerhalb des Druckwellen-Bereichs von 0.35 Bar (= 5 psi) leben. Das bedeutet aber, dass eine beträchtliche Anzahl von Personen innerhalb dieses Bereichs überleben und eine ähnlich große Anzahl von Personen außerhalb dieses Bereichs sterben wird. Die Auswirkungen des radioaktiven Fallouts werden dabei aber vollständig ignoriert.
Hitzestrahlung
Die Luft ist weitgehend transparent für Hitzestrahlung. Eine 100-fach stärkere Bombe kann daher die gleiche Strahlungsintensität auf einer 100 mal so großen Fläche erzeugen. Die Oberfläche einer (imaginären) Kugel um den Detonationspunkt vergrößert sich mit dem Quadrat des Radius. Daher vergrößert sich der Zerstörungsradius mit der Quadratwurzel der Sprengkraft (das bekannte Gesetz der elektromagnetischen Strahlung). De facto ist die Zunahme des Radius etwas geringer, weil größere Bomben die Hitzestrahlung etwas langsamer abgeben.Andererseits kann die Lufttransparenz für Wärmestrahlung (ebenso wie für sichtbares Licht) durch Dunst oder Staub beeinträchtigt sein. Damit wird der Zerstörungsradius etwas verringert. Gleichzeitig können aber der direkten Strahlung verdeckte Objekte durch Streustrahlung beschädigt werden. Erfolgt die Detonation aber unter einer Wolkendecke, kann durch Streustrahlung der Zerstörungsradius erweitert werden, ähnlich wie ein Raum, der durch eine Lichtquelle im Inneren erleuchtet wird, heller wird, wenn die Zimmerdecke und der Boden eine helle, reflektierende Oberfläche besitzen oder wie eine Landschaft nachts bei kalten Temperaturen im Winter bei geschlossener Wolkendecke wärmer ist, als bei sternklarem Himmel.Die Dauer der Hitzewelle liegt zwischen einem zehntel und einigen Sekunden – je nach Detonationskraft der Bombe. In dieser Zeit kann die Strahlung eine Leistung von über 1000 watt/cm2 betragen (zum Vergleich beträgt die Intensität direkten Sonnenlichts 0.14 watt/cm2) oder umgerechnet ca. 23,9 kcal/sec/cm2. Während der kurzen Bestrahlungsdauer kann die Hitze kaum in die Tiefe des bestrahlten Materials abgeführt werden, so dass an der Oberfläche sehr hohe Temperaturen – bis über 1000 °C – auftreten. Andererseits gelangt die Hitze kaum in die Tiefe.
Durch die Hitze kommt es an der Haut zu Verbrennungen. Neben der Haut- farbe bestimmen Intensität und Dauer der Strahlungseinwirkung den Grad der Hautschädigung. Gängige Einheit für die Wärmeaufnahme sind Kalorien (1 cal = 4.2 joule = 4.2 watt für 1 sec). Für mittlere Hautfarbe beträgt die Wärmeaufnahme:
Schweregrad | 20 kt | 1 Mt | 20 Mt | ||||
1. Grades | 2.5 cal/cm²(4.3km) | 3.2 cal/cm² (18km) | 5 cal/cm² (52km) | ||||
2. Grades | 5 cal/cm² (3.2km) | 6 cal/cm² (14.4km) | 8.5 cal/cm² (45km) | ||||
3. Grades | 8 cal/cm² (2.7km) | 10 cal/cm² (12km) | 12 cal/cm² (39km) | ||||
Der Radius, in dem ungeschützte Personen mit Verbrennungen 1.-3. Grades zu rechnen haben kann mittels folgender Gleichungen abgeschätzt werden: |
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Druckwelle
Im Gegensatz zur Hitzestrahlung zeigt die Druckwelle eine Volumenwirkung. Sie verliert Energie in jedem Material, welches sie durchdringt, einschließlich der Luft. Beim Auftreffen auf feste Gegenstände verursacht sie Schäden, in Luft wird sie dagegen gedämpft. Die Kraft der Druckwelle verringert sich mit dritten Wurzel des Radius.In den frühen Phasen der Detonation erreicht die Schockwelle Geschwindigkeiten vom Vielfachen der Schallgeschwindigkeit (bis zu 4 km/s). Die Druckwerte an der Schockfront betragen bis zum 3-fachen der Druckwerte im Inneren des Feuerballs und korrelieren mit der Detonationskraft der Bombe. Wenn sich die Schockfront ausbreitet, verringert sich deren Druck. Hinter der Schockfront sinkt der Druck noch weiter. Schließlich entsteht ein Unterdruck, der eine Sogwirkung entwickelt. Die Druckwerte, die bei der Passage einer Druckwelle gemessen werden können, bezeichnet man als “statische” Druckwerte. Die starken Winde, die der Druckwelle folgen, erzeugen an einem Hindernis einen “dynamischen” Druck, der teilweise von der Größe und der Form des Hindernisses abhängt. Der dynamische Druck ist proportional dem Quadrat der Windgeschwindigkeit und der Luftdichte hinter der Druckfront. Bei sehr hohen Druckwerten in der Schockfront ist der dynamische Druck größer als der statische. Durch die kinetische Energie der Luftmassen, die sich mit den anfangs sehr starken Winden vom Detonationspunkt fort bewegen, behält der Wind auch noch für eine gewisse Zeit seine Richtung bei, auch wenn schon ein Unterdruck besteht. Der dynamische Druck sinkt daher später auf Null als der statische (s. Graphik). Wenn der statische Druck negative Werte erreicht, kehrt sich mit gewisser Verzögerung die Windrichtung um, hin zum Detonationspunkt. Es entsteht wiederum ein dynamischer Druck. Schließlich gleicht sich der statische Druck dem atmosphärischen Druck an und es entsteht – als Folge der durch die Hitze erwärmten Luft ein sehr kleiner Wind wieder weg vom Detonationspunkt.
Wenn die Druckwelle auf ein dichteres Medium trifft, wie eine Boden- oder Wasseroberfläche, wird sie reflektiert. Bei Messung an dieser Oberfläche wird man nur einen einzigen Druckanstieg messen, weil die Reflektion unmittelbar erfolgt. Der Wert wird von der Höhe der originären Druckwelle und dem Reflektionswinkel bestimmt. Ein Punkt oberhalb der Reflektionsfläche wird von der reflektierten Welle später erreicht, jedenfalls dann wenn sich beide Wellenfronten mit gleicher Geschwindigkeit ausbreiten. In frühen Phasen, wenn sich die Druckfront noch nicht weit vom Detonationspunkt entfernt hat, ist das zutreffend. Weil sich die reflektierte Druckfront aber in einem Medium ausbreitet, das durch die primäre Druckwelle erhitzt und komprimiert wurde, ist ihre Geschwindigkeit höher und sie überholt sogar die primäre Welle, so dass eine kombinierte Druckfront entsteht. Der Ort, an dem sich diese Druckfronten treffen wird als MACH-Punkt und die Druckwellen-Formation als MACH-Y bezeichnet (benannt nach Ernst Mach , 1838-1916).Nebenstehende Graphik zeigt die Radien maximaler Druckwerte für eine 1-kt-Detonation abhängig von der Detonationshöhe. Dabei stammen die Ausbuchtungen unterhalb der blauen Linie von der Reflektion der Druckwelle am Boden und der Ausbildung einer “Mach-Zone”. Für einen Maximaldruck von 1 psi beträgt der Radius bei einer Detonationshöhe von 500 m ca. 2330 m, bei Detonation in Bodenhöhe dagegen nur 1300 m und bei einer Detonationshöhe von 1600 m nur 500 m; der maximale Radius wird bei einer Detonationshöhe von 500 m erreicht. Für einen Druck von 4 psi beträgt der maximale Radius 880 m bei einer Detonationshöhe von 350 m und für einen Druck von 50 psi ist der maximale Radius 150 m bei einer Höhe von 15 m. Um maximale Wirkung für “weiche” oder “harte” Ziele zu erreichen, sind unterschiedliche Detonationshöhen erforderlich.Für unterschiedliche Detonationskräfte (Y) ergeben sich optimale Detonationshöhe (H) und maximaler Radius bzw. Boden-Distanz (D) nach der Beziehung.
Menschen sind in der Regel den direkten Wirkungen des Überdrucks gegenüber ziemlich resistent. Drücke von über 40 psi sind erforderlich, um tödliche Verletzungen zu erzeugen. Diese Druckresistenz erlaubt es z.B. U-Boot-Besatzungen aus Tiefen von über 30 m über Notluken auszusteigen. Der Rekord für einen überlebten Ausstieg liegt bei 200 m – das entspricht einem Druck von 300 psi. Die Gefahren des Überdrucks kommen von der Zerstörung von Gebäuden, die nicht so resistent sind. Das Zerbersten von Fensterscheiben und Wänden erzeugt eine große Anzahl tödlicher “Geschosse” und zusammenstürzende Gebäude begraben diejenigen, die darin gefangen sind.
Auswirkungen des Überdrucks (0.987 Atm. = 1 Bar = 100 Kpa = 15 psi, psi für pounds per square inch): |
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1 | psi | Fensterscheiben zerbrechen, leichte Verletzungen durch Splitter |
3 | psi | Zerstörung leicht gebauter Wohnhäuser, zahlreiche Schwerverletzte, einzelne Tote |
5 | psi | Zerstörung der meisten Gebäude, fast jeder wird verletzt, zahlreiche Tote |
10 | psi | schwere Beschädigung oder Zerstörung von Stahlbetonbauten, die meisten Personen sterben |
20 | psi | Zerstörung verstärkter Stahlbetonbauten, kaum Überlebende |
34 | psi | Hypozentrum von Hiroshima |
52 | psi | Hypozentrum von Nagasaki |
300 | psi | völlige Einebnung der Landschaft (Hypozentrum der “Zar-Bombe”) |
Sofortige Strahlenemission
Die sofortige Strahlenemission einer Atomexplosion dauert bis ca. 1 Minute. Sie besteht initial aus Alpha-, Beta-, Gamma- und Neutronen-Strahlung. Die Reichweite der Alpha- und Beta-Partikel ist sehr kurz und kann bei einer Luftdetonation den Boden praktisch nicht erreichen. Lediglich Gamma-Strahlen und Neutronen können eine nennenswerte Strecke zurücklegen. Der größte Teil der bei der Detonation unmittelbar entstehenden Gammastrahlung wird von dem übrigen Material der Bombe absorbiert. Nur ein kleiner Anteil – ca. 1% – der bei der Spaltung unmittelbar entstehenden Gammastrahlung gelangt aus dem Feuerball heraus. Die meiste Gammastrahlung entsteht aus mehrfachen Sekundär-Reaktionen – daher auch die relativ lange Dauer von bis zu 1 Minute. Auch ein großer Teil der Neutronen, die bei der Detonation durch Spaltung oder Fusion entstehen, wird durch das übrige Waffenmaterial oder die umgebende Luft abgebremst oder eingefangen.Trotzdem kann die Strahlenbelastung für Personen in unmittelbarer Nähe des Detonationspunktes letale Schäden hervorrufen. Die Strahlung verringert sich wie die Hitzestrahlung mit der Quadratwurzel des Abstands. Sie wird aber auch in erheblichem Ausmaß von Luft absorbiert und nimmt daher deutlich schneller an Intensität ab. Andererseits kann man sich, wenn man sich nicht zu nah am Detonationspunkt befindet, gegen die Hitzestrahlung relativ gut abschirmen, nicht aber gegen ionisierende Strahlung. Diese besitzt aber nur bei kleinen Detonationsenergien bis ca. 50 kt eine relevante Bedeutung, da bei größeren Energien die Wärmestrahlung und die Druckwelle einen größeren letalen Radius zeigen.
Carey Sublette (Nuclear Weapons Frequently Asked Questions, Section 5.0 Effects of Nuclear Explosions) versucht die Abnahme der letalen Strahlungsintensität vom Detonationspunkt mit der Gleichung: rradiation = Y0.19 • constantrad
zu beschreiben. Dabei ist Y in Kilotonnen, Reichweite in Metern und Dosis-Standard = 1000 rad mit constantrad_1000 = 700 m
In nebenstehender Graphik ist die Kurve rot dargestellt. Sublette gibt nur eine Konstante für 1000 rad an (die Dosis ist für fast alle Menschen tödlich, auch wenn der Tod nicht unmittelbar sondern innerhalb der nächsten Tage eintritt).An anderer Stelle (The Effects of Nuclear Weapons, Samuel Glasstone and Philip J. Dolan) werden für Spaltungsbomben bis 100 kt und thermo- nukleare Sprengköpfe (Verhältnis von Spaltung und Fusion 50/50) zwischen 0.1 und 20 Mt getrennt Graphen dargestellt. Außerdem wird die Strahlung nach Gamma- und Neutronen-Strahlung getrennt. Einzelne Punktmarkierungen wurden in nebenstehende Graphik übernommen und Kurven geplottet nach der Gleichung:
rradiation = Yconst_rad1 • const_rad2 (m).Die dafür verwendeten Konstanten sind in der Tabelle hier einzusehen.
Bei der Literatur-Recherche hinsichtlich der Strahlenfolgen für den Menschen bei einer akuten Ganzkörperbestrahlung fällt zunächst eine gewisse Konfusion hinsichtlich der verwendeten Einheiten auf. Meist wird die – veraltete – Energiedosis-Einheit:”rad” (“radiation absorbed dose”, SI-Einheit: 1 Gray [Gy] = 1 J / kg = 100 rad)benutzt oder die – ebenfalls veraltete – Äquivalentdosis-Einheit:”rem” (“roentgen equivalent in man”, SI-Einheit: 1 Sievert [Sv] = 1 J / kg = 100 rem).Die relative biologische Wirksamkeit (“relative biological effectiveness” – RBE) von Gammastrahlung beträgt “1”, ebenso die von Neutronenstrahlung, wenn sie auf die Sofortwirkung einer Strahlenbelastung bezogen wird.
Wegen rem = rad • RBE sind hier rem und rad gleichzusetzen ebenso wie Gray und Sievert mit1 rem = 1 rad = 0.01 Sv = 0.01 Gy.Eine Ganzkörperbestrahlung von 600 bis 1000 rem ist für den Menschen im Allgemeinen tödlich. Eine Belastung bis 30 rem zeigt normalerweise keinerlei Akutwirkung, eine Belastung von 100 rem lässt sich meist in der Folgezeit durch kleine Blutbildveränderungen nachweisen. Folgende Tabelle bringt eine Aufstellung der Akutfolgen einer Ganzkörperstrahlenbelastung.
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Tabelle: Akutfolgen einer Ganzkörperstrahlenbelastung |
elektromagnetischer Impuls – EMP
Bei den atmosphärischen Atombombentests in den frühen 50er Jahren wunderte man sich über Störungen an den elektronischen Einrichtungen während der Tests. Unerwartete Spannungsspitzen in den Schaltungen führten zu Systemausfällen. 1962 kam es nach einem Test in der hohen Atmosphäre über dem Johnson Atoll zu Stromausfällen auf Hawaii, ca. 1000 Meilen entfernt. Radiosendungen wurden unterbrochen, Straßenlaternen gingen aus und Alarmanlagen heulten los. Langsam erkannte man die Bedeutung des elektromagnetischen Impulses (engl.: “Electromagnetic Pulse” – EMP).Die durch Spalt- oder Zerfallsprozesse einer Atomexplosion auftretenden Gammastrahlen reagieren – vorwiegend durch den Compton-Effekt – mit den Luftmolekülen der Atmosphäre. Die Gammastrahlen besitzen eine hohe Energie, d.h. ihnen kann eine verhältnismäßig hohe Masse zugeschrieben werden. Beim Compton-Effekt schlagen diese Photonen, wie bei einem elastischen Stoß, Elektronen meist aus einer der äußeren Schalen eines Atoms oder Moleküls. Dabei geben sie einen Teil ihrer Energie an die Elektronen ab und ändern ihre Richtung in einem entsprechenden Winkel. Die Elektronen bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit vom Zentrum der Explosion weg, während sich die nun ionisierten Atome oder Moleküle aufgrund ihrer Masse nur langsam bewegen können. Je nach Energie des Primärphotons können viele Compton- Elektronen erzeugt werden bis das Photon vollständig absorbiert ist. Auch die heraus- geschlagenen Elektronen können durch Ionisationsvorgänge weitere freie Elektronen erzeugen. Insgesamt können durch eine solche Kaskade aus eine Gamma-Photon bis zu 30 000 Ionen und freie Elektronen entstehen. Durch diese Ladungstrennung wird kurzfristig ein sehr starkes elektrisches Feld erzeugt.Innerhalb einer idealen räumlich-homogenen Umgebung ist das entstehende elektrische Feld kugelsymmetrisch. Orte näher am Detonationspunkt besitzen eine positive und weiter entfernte Orte eine negative Netto-Ladung. Aus der Distanz gesehen neutralisieren sich die Kräfte, so dass keine elektromagnetischen Felder messbar sind. In der Praxis gibt es keine solch ideal-homogene Umgebung. Unterschiede in Luftdichte oder -feuchtigkeit, Abstand zum Boden oder auch die asymmetrische Konstruktion der Bombe mit Mantel des Explosionskörpers oder dem Transportmittel stören die Symmetrie. Es fließt netto ein elektrischer Strom, der im Zeitverlauf einen kurzen elektromagnetischen Strahlungs-Puls – EMP – auslöst, am intensivsten senkrecht zum Strom.Die Charakteristika des EMP hängen überwiegend von der Detonationskraft der Bombe, aber auch von der Detonationshöhe ab. In der unteren dichten Atmosphäre erfolgt der Energieübertrag in einem Radius von ca. 5 km, in 30 km Höhe wächst der Radius auf ca. 15 km an. Die Dichte der Atmosphäre schwankt in diesem Bereich nur gering, so dass der EMP relativ gering ausgeprägt ist. Bei Boden- oder bodennahen Detonationen werden die nach unten gerichteten Gammastrahlen in den oberen Bodenschichten absorbiert und erzeugen nur eine geringe Ladungstrennung. Die übrigen Gammastrahlen verursachen eine Ladungstrennung in der Luft und erzeugen einen Netto-Strom vom Boden weg. Im Gegensatz zur Luft ist der Boden aber ein relativ guter elektrischer Leiter und stellt daher einen alternativen Weg für den Rückstrom der Elektronen zum positiven Detonations-Zentrum dar. Dadurch entsteht ein starkes magnetisches Feld im Boden nahe dem Detonationsort. Das elektromagnetische Feld bei Bodendetonationen ist nahe dem Zentrum sehr stark aber schwächt sich mit zunehmendem Abstand schnell ab. Die durch den EMP verursachten Schäden reichen kaum über den Radius hinaus, in dem die Druckwelle massive Schäden verursacht.
Bei Detonationen in großer Höhe, 30km und mehr, ist die Luft oberhalb des Detonations- punktes so dünn, dass die Gammastrahlen eine sehr große Distanz zurücklegen, bevor sie absorbiert werden. Strahlung zur Erde hin gelangt in eine Atmosphäre zu- nehmender Dichte und rea- giert mit den Luftmolekülen. So entsteht hier die Quellzone für den EMP. Die Zone besitzt die Form einer annähernd runden Scheibe, deren Dicke im Zentrum bis zu 80km und im Durchschnitt bis zu 40 oder 50 km betragen kann. Die hier erzeugten Compton- Elektronen werden vom Erdmagnetfeld abgelenkt und entsprechend der Drei-Finger-Regel in eine schrauben- förmige Bewegung um diese Feldlinien herum gezwungen wie geladene Teilchenstrahlung aus dem Weltraum in den Van Allen´s Gürteln. Dadurch erzeugen sie – wie der Strom in einer Spule – ihrerseits wieder Magnetfelder. Diese summieren sich wegen ihrer geometrischen Anordnung zu einem Magnetfeld, dessen Linien zur Erde hin zeigen. Durch die Überlagerung von Ladungstrennung – elektrischer Dipol – und Magnetfeldschwankungen entsteht der EMP, der ebenfalls vorwiegend zur Erde hin gerichtet ist.
Die Stärke des elektrischen Feldes eines HEMP, beobachtet an der Erdoberfläche, beträgt ca. 1/10 bis 1/100 der einer Oberflächen-Detonation. Die horizontale Ausbreitung des HEMP ist aber beträchtlich größer und variiert für Explosionen von mehr als einigen hundert Kilotonnen im größten Teil des Ausbreitungsgebietes um weniger als den Faktor 2. Für Detonationen im hohen Energiebereich und in ausreichender Höhe reicht die Ausdehnung der EMP-Wirkung bis zum Erdhorizont aus dem Blickwinkel der Detonation. Bei einer Detonation in 80 km Höhe beträgt der Radius der betroffenen Region auf der Erde ca. 1000 km, bei 160 km Höhe beträgt der Radius ca. 1500 km und bei eine Detonation 320 km über Nordamerika wären die ganzen USA mit Teilen von Kanada und Mexiko von den Folgen des EMP betroffen.
Bei Regionen, die nicht in unmittelbarer Nähe der Detonation liegen, ist die Energieaufnahme vom EMP pro Flächeneinheit sehr klein, unabhängig von der Art der Waffe. Damit ein Schaden entsteht, ist i.d.R. ein großer Kollektor notwendig, der den Strahlungs-Puls aufnimmt – wie Radiowellen bei einer Antenne. Nur sehr sensible Komponenten können lokal beschädigt werden, auch ohne großen Kollektor. Die Art der Wirkung des EMP auf einen Kollektor ist sehr unterschiedlich und hängt großenteils von dessen Größe und Ausrichtung zum Detonationspunkt ab. Elektrische Überland- und Telephonleitungen sind i.d.R. stärker betroffen als unterirdische und abgeschirmte Kabel. Manche elektronische Komponenten, z.B. Transistoren viel mehr als Röhren, sind sehr empfindlich gegenüber einem EMP. Insbesondere bei Computern, die ans Stromnetz und an Datennetze angeschlossen sind, ist mit großen Ausfällen zu rechnen. Da sie auch in großem Umfang in Schaltzentralen für die Stromversorgung und Telekommunikation eingesetzt sind, ist nach einem EMP mit beträchtlichen Störungen zu rechnen, wenn nicht spezielle Vorsorge getroffen wird wie durch Verwendung von Schutzeinrichtungen (Abschirmungen oder blitzschutzartige Anlagen) oder unempfindlicher Systeme (Lichtleiter). Für Menschen ist nicht mit direkten Schäden zu rechnen, außer in unmittelbarer Nähe der Detonation, wo andere Effekte überwiegen. Aber bei Kontakt mit größeren einem Kollektor können Elektroschocks auftreten.