Der Verlust der Sehkraft ist etwas, das uns Menschen schon seit Anbeginn der Zeit begleitet. Und auch, wenn die Anzahl der Deutschen, die auf Sehhilfen angewiesen sind, kontinuierlich zunimmt, sind Sehschwächen und die Bemühungen diese auszugleichen, schon seit mehreren Jahrhunderten aktiv. Auch die Kontaktlinse – eine Sehhilfe, die doch recht fortschrittlich und neu wirkt – ist da keine Ausnahme. Es ist ein kleines bisschen so wie das Feuerzeug und das Streichholz. Wussten Sie, dass das Feuerzeug die ältere der beiden Erfindungen ist? Das ist zwar nicht der Fall im Vergleich mit der Brille – die in ihrer ersten Version gegen Ende des 13. Jahrhunderts dokumentiert wird – aber es gibt einen kleinen Hinweis darauf, dass auch neuartig wirkende Erfindungen manchmal täuschen können.
Von wassergefüllten Glasschalen und Röhrchen
Wer den Namen Da Vincis hört denkt sicherlich als allererstes an seine noch immer gegenwärtige Kunst. Tatsächlich war der Italiener mehr als nur ein Künstler – auch Dinge wie Architekt, Ingenieur und Philosoph können zu seinem Portfolio gezählt werden Da Vinci hat unter anderem die erste Müllabfuhr Mailands eingeführt! Er war allerdings auch ein unter Sehschwäche leidender Erfinder. Seine Lösung? Das erste grundlegende Konzept von Kontaktlinsen, am Anfang des 16. Jahrhunderts. Die wassergefüllten Glasschalen waren zwar plump und nicht alltagstauglich, dienten aber als Vorlage für nachfolgende Weiterentwicklungen der Linse. Gute 150 Jahre später griff der Franzose René Descartes das Konzept mit wassergefüllten Röhrchen auf – doch auch hier mangelte es schlussendlich nicht an der Theorie, sondern an umsetzungsbarer Praxis; die Linsen waren zu schwer und zu kompliziert konstruiert, als dass sie bequem auf längere Dauer getragen werden konnten.
Eine erste Annäherung an heutige Linsen
Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es fast keinerlei Weiterentwicklung, bis der Engländer Thomas Young das Konzept erneut aufgriff. Mithilfe des Astronom John Herschel wurden in den kommenden drei Jahrzehnten erste tatsächliche Linsen aus Glas angefertigt, die auf der Oberfläche der Hornhaut sitzend nicht unbedingt bequem, aber durchaus funktional waren. Fortschritte im Handwerk – vor allem, was Glasbläserei und das Schleifen von Glas betraf – ebneten den Weg zusätzlich. Doch anstelle von Sehhilfen, wurden sie eher spärlich und als Schutz vor Augeninfektionen verwendet.
Als die tatsächliche Geburt der modernen Linsen kann allerdings am wahrscheinlichsten Friedrich Adolf Müller im Jahre 1887 verantwortlich gemacht werden. Doch auch wenn sie in ihrer Form bereits unsere heutigen Linsen widerspiegeln, dauerte es noch weitere 60 Jahre, ehe durch puren Zufall der Engländer Kevin Touhy herausfand, dass kleine Linsen aus Kunststoff sich perfekt an die Augenoberfläche anschmiegen können, ohne zu verrutschen – und durch ihre geringe Größe für mehr Komfort und nicht zu sehr als Barriere für den natürlichen Tränenfilm zu sorgen. Der finale Durchbruch für die kommerzielle Herstellung von Sehhilfen dieser Art.
Noch immer fortschreitender Modernisierung
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts arbeiteten schließlich mehrere unabhängige Parteien an der Kontaktlinse und erschaffen seitdem immer neue, fortschrittlichere und bequemere Linsen, ebenso wie ihr Zubehör. Erhöhte Tragedauer, erhöhter Komfort – mittlerweile besteht nicht einmal mehr die tatsächliche Gefahr eines Herausfallens der Linse. Und die Zukunft der Linsen sieht ebenfalls rosig aus, nicht zuletzt durch die sich stets weiterentwickelte Digitalisierung und der Zuwachs technologischer Geräte. Bereits jetzt sind sogenannte Smart Lenses in Entwicklung, die unseren Alltag noch automatisierter und barrierefreier gestalten können, als dass es sich in den letzten Jahrzehnten schon gemausert hat – ganz zusätzlich zu ihrer Aufgabe als Sehhilfe.
