Fischöl-Supplemente: Gesundheitliche Vorteile, aber auch Risiken beachten
Fischöl-Präparate sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Laut einer Umfrage nehmen rund 14% der Erwachsenen in Deutschland regelmäßig Fischöl-Kapseln oder -Tabletten ein. Diese Nahrungsergänzungsmittel enthalten die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, denen eine förderliche Wirkung auf Herz-Kreislauf- sowie Hirnfunktionen nachgesagt wird. Entsprechend werben Hersteller oft mit weitreichenden Gesundheitsversprechen für ihre Produkte. Doch sind diese “Health Claims” tatsächlich wissenschaftlich belegt?
Vorsicht bei Gesundheitsversprechen von Fischölprodukten
Eine Analyse in der Fachzeitschrift JAMA Cardiology untersuchte die Kennzeichnung von über 2800 Fischöl-Supplementen. Das Ergebnis: Nur 19,2 Prozent nutzten sogenannte “qualifizierte Behauptungen”, welche gemäß den Vorgaben der Lebensmittelaufsicht FDA einen eingeschränkten Hinweis auf die begrenzte Studienlage enthalten müssen.
Der Rest, also über 80 Prozent der Produkte, verwendete lediglich “Struktur- und Funktionsbehauptungen”. Diese beschreiben zwar einen theoretischen Zusammenhang zwischen Inhaltsstoff und Körperfunktion. Eine konkrete Wirkung im menschlichen Körper ist damit aber nicht belegt. Formulierungen wie “unterstützt die Herzgesundheit” oder “fördert geistige Leistungsfähigkeit” sind demnach mit Vorsicht zu genießen. Sie suggerieren eine medizinische Wirksamkeit, die nicht gesichert ist.
Zudem unterschied sich der tatsächliche Gehalt der essenziellen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA deutlich zwischen den Produkten. Nur rund 9 Prozent enthielten die empfohlene Tagesdosis von mindestens zwei Gramm EPA/DHA, unter der kaum Effekte zu erwarten sind. Viele Präparate liefern also trotz Werbeversprechen wahrscheinlich eine zu geringe Menge für konkrete Gesundheitseffekte.
Triglycerid-Senkung unter ärztlicher Kontrolle
Eines der bekanntesten Einsatzgebiete von Omega-3-Präparaten ist die Senkung erhöhter Triglycerid-Werte. Triglyceride sind Blutfette, deren Anstieg das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen kann. In höheren Dosen von 2-4 Gramm EPA/DHA täglich können Fischöl-Kapseln nachweislich Triglyceride verringern.
Doch selbst in diesem Bereich sind die Präparate nicht unumstritten. Experten sehen Fischöle nicht als Mittel der ersten Wahl bei erhöhten Triglyceriden. Stattdessen empfehlen sie zunächst Medikamente wie Fibrate oder Nikotinsäure. Zudem bergen hohe Omega-3-Gaben theoretisch Risiken wie Blutungen oder Herzrhythmusstörungen.
Patienten sollten eine Triglycerid-Therapie mit Fischöl daher nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt beginnen. Regelmäßige Kontrollen der Blutfettwerte und Dosierungsanpassungen sind wichtig. Eine unkontrollierte Einnahme hoher EPA/DHA-Mengen ist aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen nicht ratsam.
Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Bei gleichzeitiger Anwendung von Fischöl und anderen Arzneimitteln können Wechselwirkungen auftreten:
- Blutdrucksenker: EPA/DHA können den Blutdruck zusätzlich absenken.
- Gerinnungshemmer: Omega-3-Fettsäuren erhöhen möglicherweise das Blutungsrisiko.
- Immunsuppresiva: Hohe Gaben können die Immunabwehr weiter unterdrücken.
- Antidiabetika: Omega-3-Fettsäuren senken den Blutzuckerspiegel.
Patienten sollten daher unbedingt mit ihrem Arzt oder Apotheker besprechen, ob Wechselwirkungen zu erwarten sind. Gegebenenfalls muss die Dosierung angepasst werden, um Risiken zu vermeiden.
Kein genereller Nutzen für Gesunde belegt
Für gesunde Menschen ohne besondere Risikofaktoren ist der regelmäßige Gebrauch von Fischöl-Supplementen nach Ansicht vieler Experten nicht zwingend ratsam. Belege für einen generellen Nutzen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf- oder Hirnerkrankungen gibt es nicht.
Stattdessen empfehlen Ernährungsmediziner, den Omega-3-Bedarf primär über natürliche Quellen wie fettreichen Seefisch zu decken. Leitlinien für gesunde Erwachsene sehen höchstens 250 mg EPA/DHA pro Tag vor. Diese Menge lässt sich leicht durch zwei Portionen fetten Fisch pro Woche erreichen.
Fazit: Unter ärztlicher Kontrolle kann Fischöl sinnvoll sein
Fischöl-Präparate können für manche Patientengruppen unter ärztlicher Aufsicht hilfreich sein, etwa zur gezielten Senkung erhöhter Triglyceridwerte. Die häufig beworbenen allgemeinen Gesundheitsversprechen sind jedoch meist nicht durch Studien belegt. Gesunde Verbraucher sollten Health Claims daher kritisch hinterfragen.
Ohne entsprechende Vorerkrankungen ist eine zusätzliche Einnahme von Omega-3-Kapseln in der Regel nicht erforderlich. Wichtiger sind eine ausgewogene Ernährung mit fettem Seefisch sowie körperliche Aktivität und andere gesundheitsfördernde Maßnahmen. Nur unter ärztlicher Kontrolle können Fischöl-Supplemente sinnvoll sein.