Dostarlimab, neue Hoffnung bei kolorektalen Krebserkrankungen?

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In einer Studie mit einer sehr begrenzten Teilnehmerzahl konnten Ärzte in New York mit dem PD-1-Blocker Dostarlimab ein bisher einmaliges Ergebnis erzielen: Die vollständige Remission bei allen Teilnehmern.

Die von einem kleinen Team des Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York durchgeführte Studie wurde auf der ASCO-Jahrestagung 2022 vorgestellt. Laut Dr. Andrea Cercek, Leiterin der Abteilung für Darmkrebs und CO-Direktorin des Zentrums für Darmkrebs und gastrointestinale Karzinome bei jungen Patienten, waren Sie und Ihr Team selbst überrascht, als sich der Zustand der ersten Studienteilnehmer über die Erwartungen hinaus verbesserte. [1]

Kein Patient benötigte eine Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation [und] es wurde kein Wiederauftreten der Krankheit während der Nachbeobachtungszeit beobachtet“, so Dr. Andrea Cercek im Rahmen der ASCO-Jahrestagung. “Eine längere Nachbeobachtung ist sicherlich erforderlich, um die Wirksamkeit dieser Behandlung zu überprüfen. Zusammenfassend glauben wir, dass diese Daten den Grundstein für immunoablative Therapien legen. Sie verdeutlichen die klinischen Auswirkungen einer biomarkergesteuerten Therapie, also die Anwendung von Präzisionsmedizin in frühen Krankheitsstadien.”

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Teilnehmer der Studie, geleitet von Dr. Cercek, sind im Schnitt 54 Jahre alt und leiden unter einem als T3 oder T4 klassifizierten kolorektalen Karzinom im Stadium I oder II. Alle Patienten gehören zur Gruppe der als dMMR und BRAF V600E Wildtyp eingestuften Tumore. Bei einer Standardtherapie würde somit bei den meisten Patienten eine Kombination aus Operation und Chemo- / bzw. Strahlentherapie eingesetzt.

Laut Studiendesign sollte jeder Teilnehmer alle drei Wochen über einen Zeitraum von sechs Monaten 500mg des Antikörpers Dostarlimab als intravenöse Therapie erhalten. Begleitet durch regelmäßige Kontrollen mittels Endoskopie und MRT. Bei einer voranschreitenden Erkrankung sollte zusätzlich eine Chemo- / oder Strahlentherapie und gegebenenfalls auch eine Operation erfolgen. Im Rahmen der Studie, bei der mittlerweile 18 der insgesamt 30 Teilnehmer mit Dostarlimab behandelt worden, war jedoch eine Komplettremission zu beobachten, so dass eine weitere Therapie nicht erforderlich war.

Alle Teilnehmer wurden über einen Zeitraum von 6 bis 24 Monaten regelmäßig untersucht, ohne dass ein Rezidiv beobachtet werden konnte.

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Das Ziel der Studie ist, das Gesamtansprechen, eines PD-1-Inhibitors (Dostarlimab) alleine oder in Kombination mit einer Chemo- / Strahlentherapie oder einer Operation zu untersuchen.

Bei welchen kolorektalen Karzinomen ist Dostarlimab erfolgversprechend?

Kolorektale Karzinome sind eine der in häufigsten in Deutschland auftretenden Krebserkrankungen. Pro Jahr werden 60.000 Neuerkrankungen diagnostiziert, 25.000 Patienten überleben die Erkrankung nicht. [2]
Die in der aktuellen Studie zum PD-1-Inhibitor Dostarlimab ausgewählte Gruppe, mit dem Biomarker dMMR und MSI-H, macht mit fünf bis zehn Prozent jedoch nur einen sehr kleinen Teil an kolorektalen Karzinomen aus. Im allgemeinen haben Patienten mit MSI-H/dMMR im Frühstadium und ohne Bildung von Metastasen eine gute Prognose. [3]
Durch die starke Eingrenzung auf kolorektale Karzinome mit MSI-H/dMMR ist die Therapie mit Dostarlimab natürlich nur für einen kleinen Teil der Patienten überhaupt relevant.

Wie aussagekräftig ist die Studie und was bedeutet dies für zukünftige Therapien?

Die Studie zu Dostarlimab bei kolorektalen Karzinomen hat weltweit für großes Aufsehen und auch Interesse in medizinischen Fachkreisen gesorgt. Trotz der erstaunlichen Ergebnisse der bisher behandelten Patienten ist sie aufgrund der sehr geringen Teilnehmerzahl und des bisher überschaubaren Zeitraums der Beobachtung, jedoch mit Vorsicht zu betrachten. Um die Ergebnisse zu validieren sind weitere Studien nötig, die die Patienten auch über längere Zeiträume beobachten. Ob Dostarlimab auch bei anderen Krebserkrankungen mit MSI-H/dMMR vielversprechend sein könnte, muss auch erst untersucht werden.
Trotzdem zeigt die Studie von Dr. Cercek auf eindrucksvolle Weise, wie wichtig Biomarker, individuelle Diagnostik und personalisierte Therapien in der Zukunft der Krebstherapie sein werden.

Was bedeutet MSI-H/dMMR bei kolorektalen Karzinomen?

Biomarker sind ein wichtiges Instrument in der personalisierten Krebstherapie, denn Sie helfen die besonderen Charakteristika des Tumors besser zu verstehen und somit eine individuelle Behandlung zu ermöglichen.
MSI-H steht für High levels of MicroSatellite Instability, also eine Mikrosatelliteninstabilität. Das bedeutet, dass bestimmte, als Mikrosatelliten bekannte Abschnitte der DNA, kürzer oder länger sind als im Normalgewebe. Diese Abschnitte wiederholen sich im Genom immer wieder, daher kann es bei der Replikation zu sogenannten Mismatch-Fehlern kommen. In der klinischen Onkologie ist die Bestimmung der Biomarker im Zusammenhang mit der Mikrosatelliteninstabilität ein sehr wichtiger klinischer Aspekt zur Bestimmung des Krebsrisikos, der Prognose und der Therapieplanung.
Als dMMR, englisch für deficient MMR (defiziente MMR), wird eine defekte DNA-Mismatch-Reparatur bezeichnet. Mismatch-Mutationen werden in der Regel von der zelleigenen DNA-Mismatch-Reparatur (MMR) korrigiert. Ist eines der an diesem Vorgang beteiligten Gene durch eine Mutation oder epigenetische Veränderung inaktiviert, kommt es zu einem Ausfall eines MMR-Proteins und der sogenannten MMR-Defizienz. Dadurch häufen sich Mismatch-Fehler und die länge der Mikrosatelliten variiert. Dies wird dann als Mikrosatelliteninstabilität bezeichnet.

Quellen

[1] Andrea Cercek, M.D., Melissa Lumish, M.D., Jenna Sinopoli, N.P., Jill Weiss, B.A., Jinru Shia, M.D., Michelle Lamendola-Essel, D.H.Sc., Imane H. El Dika, M.D., Neil Segal, M.D., Marina Shcherba, M.D., Ryan Sugarman, M.D., Ph.D., Zsofia Stadler, M.D., Rona Yaeger, M.D., et al.: PD-1 Blockade in Mismatch Repair–Deficient, Locally Advanced Rectal Cancer. The New England Journal of Medicine 2022; 10.1056/NEJMoa2201445 NEJM
[2] Bray F, Ferlay J, Soerjomataram I, Siegel RL, Torre LA, Jemal A: Global cancer statistics 2018: GLOBOCAN estimates of incidence and mortality worldwide for 36 cancers in 185 countries. CA Cancer J Clin 2018; 68: 394–424 PubMed
[3] Gelsomino F, Barbolini M, Spallanzani A, Pugliese G, Cascinu S. The Evolving Role of Microsatellite Instability in Colorectal Cancer: A Review. Cancer Treat Rev (2016) 51:19–26. doi: 10.1016/j.ctrv.2016.10.005 PubMed

MUDr. Martin Luzbetak, M.Sc.
MUDr. Martin Luzbetak, M.Sc.https://nextgenoncology.de/
MUDr. Martin Luzbetak ist Allgemeinmediziner und Master of Science in Preventive Medicine mit eigener Praxis in Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Komplementäre und Supportive Therapie bei soliden Krebsleiden, Infusionstherapie, Phytotherapie und Umweltmedizin. Er beschäftigt sich wissenschaftlich mit Naturstoffen in der Tumortherapie und Synergien der konventionellen Therapien und Phytotherapeutika.

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